Komplementär zu seiner Tätigkeit als Reisebegleiter für organisationale Veränderungen bei Transferio widmet Gregor seit mittlerweile acht Jahren leidenschaftlich viel Zeit und Energie der Freiräume (Un)Conference. Sie findet einmal im Jahr in Graz statt, 2023 am 12. und 13. Juni. Mittlerweile hat sie sich mit 300 Teilgeber:innen zur größten Zusammenkunft von Menschen in Österreich entwickelt, die sich konkret dazu austauschen, wie Arbeit in Organisationen zukunfts- und menschengerechter gestaltet werden kann.
Die Leitthemen der Freiräume
Die Freiräume (Un)Conference beschäftigt sich mit neuen Ansätzen, Organisationen so zu gestalten, dass Mitarbeiter:innen darin Raum für echte Zusammenarbeit, eigenverantwortliches Handeln und persönliche Entwicklung finden.
Sie orientieren sich dabei an den Leitthemen Selbstorganisation, Ganzheit und Sinnstiftung, die dem Buch Reinventing Organizations von Frederic Laloux entlehnt sind.
- Selbstorganisierte Unternehmen basieren auf Teams. An Stelle von Hierarchie sind zellartige Strukturen erkennbar, die Peripherie wird zum Zentrum. Selbstorganisierte Teams haben klare Ziele und entscheiden selbst über den Weg, diese Ziele zu erreichen. In selbstorganisierten Teams trifft jede:r Mitarbeiter:in Entscheidungen, die Teammitglieder regeln Konflikte selbst. Selbstorganisation braucht einen nährenden Rahmen, diesen einzurichten ist eine zentrale Führungsaufgabe.
- Ganzheit stellt Mitarbeiter:innen in all ihren Facetten in den Mittelpunkt. Sie bedeutet, dass wir nicht länger unser privates Ich an der Garderobe des Unternehmens abgeben, um uns ein professionelles Ich überzustülpen. Ganzheit verbindet Familie und Beruf. Sie sieht den Menschen und findet passende Rollen im Unternehmen. Ganzheit ist an den Meinungen der Mitarbeiter:innen interessiert. Sie zieht Menschen an, deren Berufung zum Zweck des Unternehmens passt.
- Sinn stiftende Organisationen begreifen sich als Lebewesen mit eigenem Sinn und Zweck. Sie bieten durch eine klare Vision und eine mitreißende Mission Orientierung für das Handeln der Mitarbeiter:innen. Sinn stiftende Unternehmen kennen ihre Verantwortung und ihren Beitrag für die Gesellschaft. Sie erneuern sich ganz selbstverständlich laufend selbst. In Sinn stiftenden Unternehmen sind Umsatz, Gewinn und Marktanteil notwendige Mittel zur Erfüllung des Zwecks.
Die Auseinandersetzung mit diesen Themen hat durchaus auch eine persönliche und gesellschaftliche Dimension, die Freiräume fokussieren jedoch besonders auf die Perspektive der Organisation und ihrer Beziehungen zu den Mitarbeiter:innen.
Die Menschen bei den Freiräumen
Die Freiräume (Un)Conference spricht alle Menschen an, die mitwirken wollen, Organisationen der Zukunft zu erdenken, zu erproben und Stück für Stück Wirklichkeit werden zu lassen.
Der 12. und 13. Juni 2023 wird damit zu einem Begegnungsraum, in dem sich eine sehr bunte Mischung von Leuten mit unterschiedlichen Vorerfahrungen treffen:
Personen, die mit dem Status Quo in ihrem Umfeld unzufrieden sind, werden auf Praktiker:innen aus Pionierorganisationen treffen, die ihre Erfahrungen mit neuen Wegen der Organisationsgestaltung teilen. Neugierige holen sich Input von alten Häsinnen. Unkonventionelle Denker:innen finden Sparring-Partner:innen für ihre Ideen. Umsetzer:innen finden konkrete Gestaltungsansätze für die nächsten Schritte hin zu einem Arbeiten auf Augenhöhe.
Der Schwerpunkt 2023: Der Wert von Arbeit
Der Wert von Arbeit ist ein sehr vielschichtiger Titel. Wir können uns der Frage, was denn der Wert von Arbeit ist, aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln nähern.
Da ist zunächst einmal die Perspektive der Mitarbeiter:in: Warum gehe ich eigentlich jeden Tag zur Arbeit? Welche Gegenwert bekomme ich für meine Arbeit? Klar, da ist zunächst einmal die Entlohnung in Form von Geld. Aber das ist sicherlich nicht alles. Ich möchte sozial eingebunden sein, ich möchte Selbstwirksamkeit spüren, ich möchte das schöne Erlebnis genießen, in meinem Tun immer besser zu werden.
Aus der Sicht des Unternehmens tun sich ebenfalls spannende Fragen auf: Wie bewerte ich die Arbeit meiner Mitarbeiter:innen? Kann ich in einer Zeit, in der die Wertschöpfung praktisch immer im Zusammenspiel von ganz vielen Menschen erbracht wird, den individuellen Anteil einzelner an dieser Wertschöpfung überhaupt noch messen und z.B. über Gehaltsdifferenzierung bewerten? Auch könnte kritisch auf die unglaublich hohe Spreizung von Gehältern innerhalb eines Unternehmens geblickt werden: Wie angemessen ist es, dass die Geschäftsführung oft mehr als 100x so viel verdient wie die Mitarbeiter:innen mit dem geringsten Gehalt?
Und da ist auch noch die gesellschaftliche Perspektive. Die Corona-Pandemie hat wie ein Katalysator gewirkt. Viele Menschen fragen sich, warum Arbeit in unserer Gesellschaft so unterschiedlich bewertet wird. Es gibt so viele Formen von wertvollen Beiträgen für die Gesellschaft wie beispielsweise Fürsorge-Arbeit oder die Gestaltung der Art und Weise, wie wir als Gesellschaft leben wollen, beispielsweise in der Kultur und in den Vereinen. Warum wird dann nur die Erwerbsarbeit auch finanziell abgegolten? Und welche impliziten Be- und Abwertungen von anderen Formen von Arbeit geschehen dadurch?
Die Input- und Dialogformate der Freiräume
Die Freiräume spielen in ihrem Titel mit der (Un)Conference. Im Vordergrund steht der Charakter der Unconference. Wir laden bei den Freiräumen die Teilnehmer:innen (oder besser Teilgeber:innen) dazu ein, wesentliche Elemente der Veranstaltung selbst zu programmieren. Wir glauben fest daran, dass die teilnehmenden Menschen selbst am besten wissen, zu welchen Themen sie sich austauschen wollen, zu welchen Fragestellungen sie sich die Sichtweisen anderer Teilgeber:innen abholen möchten. Dazu setzen wir Formate wie die Pionierstationen, einen Open Space, die Kollegiale Beratung oder ein World Cafe zum Schwerpunkt ein.
Damit diese Selbstgestaltung noch besser gelingt, haben wir über die Jahre gelernt, wohldosierten und inspirierender Input als Katalysator einzusetzen. Daher gibt es auch (wenige) Konferenz-Elemente wie zwei Keynotes und einen Workshop zum Schwerpunkt.
Die Input-Formate
- Keynote von Nadine Nobile: NewPay – Wie wir Vergütung neu denken!
- Keynote von Christian Felber: Arbeit, Wert und Gemeinwohl – Wie kommen wir zu einem guten Leben für alle?
- Workshop von Christiane Teichmann und Konrad Bechler: Lasst uns über Geld reden!
Die Dialogformate
- 30 Pionierstationen: Praktiker:innen aus Unternehmen und Bildungseinrichtungen, die schon einige neue Wege gegangen sind, stellen ihre Erfahrungen vor. Du suchst dir interessante Organisationen aus und kommst mit ihnen und anderen Teilnehmer:innen in Kleingruppen ins Gespräch.
- Open Space: Du hast eine Fragestellung rund um Selbstorganisation, Ganzheit und unternehmerischen Sinn? Oder du hast einen Input, den Du den anderen Freiräumern anbieten willst? Dann komm’ in den Open Space, biete eine Session an und triff’ auf andere Teilnehmer:innen, die mit dir arbeiten wollen.
- Kollegiale Fallberatung: Ein:e Teilnehmer:in stellt eine besonders knackige Fragestellung aus Veränderungsalltag vor und ersucht um kollegiale Beratung durch andere Teilnehmer:innen. Du kannst in die Rolle der Fallgeber:in oder der Berater:in schlüpfen.
- Reflexionsformate: Auf der Freiräume (Un)Conference wirst du dich mit einer Vielzahl von Themen auseinandersetzen. Da ist es dann besonders wichtig, an unterschiedlichen Stellen innezuhalten, um zu reflektieren, was du zu Hause weiter bearbeiten möchtest. Mit angeleiteten Reflexionsformaten unterstützen wir dich dabei.
- World Café zum Schwerpunkt: Wir planen dieses Jahr ein Generationen-Café. Unsere Hypothese ist, dass die Menschen im allgemeinen und daher auch unsere Teilgeber:innen sehr unterschiedlich zum Wert von Arbeit denken, und dass unter anderem das Alter und damit der Zeitpunkt der Sozialisation zum Thema Arbeit sehr ausschlaggebend dafür ist. Dieser Hypothese wollen wir in einem geführten Dialogformat nachspüren.
Deine Rolle bei den Freiräumen?
Überlegst auch du, dabei zu sein? Ich möchte dich dazu ermutigen – wir brauchen deine Perspektive!
Am besten kommst du gemeinsam mit Kolleg:innen aus deinem Unternehmen – ihr erlebt dann die Freiräume aus unterschiedlichen Perspektiven und könnt anschließend gemeinsam auswerten und eure eigenen (ersten?) Experimente definieren, um Arbeit in deiner Organisation menschengerechter zu machen!
[Fotos: Christine Rechling]
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